Die Liebe in diesen Zeiten von Chris Cleave

Eine seltsame Liebesgeschichte im Zweiten Weltkrieg

Chris Cleave deutet mit „Die Liebe in diesen Zeiten“ eine Liebesgeschichte an, doch die Romanze lässt lange auf sich warten. Vielmehr wird im Roman die Möglichkeit gezeigt, dass sich Menschen unter allen Umständen – auch im Krieg – verlieben können, und dass es trotzdem keine Garantie zum Glück ist. Es geht jedoch um wesentlich mehr: Nach kurzer Einleitung wird man intensiv mit Antikriegsgedanken bombardiert. Die Brutalität der Kriegsszenen beherrscht die Erzählung, die Absurdität der Handlungen sowohl im zivilen als auch im militärischen Umfeld werden kritisch dargestellt – eine ziemlich klare Stellungnahme des Autors. Also doch ein Antikriegsroman mit Nebenhandlung.

Die Liebe in Diesen Zeiten

© dtv premium

Als Gegenpol zu den negativen Gedanken gibt es schlagfertige Dialoge und lustige Sprüche. Aber auch wenn die Situationen mit Sarkasmus entschärft werden, fällt es oft schwer, dabei zu schmunzeln. Selbst, wenn sich die schmerzhaften Emotionen in Grenzen gehalten werden, stimmt der Roman nachdenklich.

Chris Cleaves knappe, unkomplizierte Formulierung wirkt schockierend überzeugend, die sympathischen Helden erleben spannende Kriegsmonate in einer bildhaft präsentierten Umgebung. Man findet liebenswerte Charaktere auch in den Nebenrollen, sie sind alle ausnahmslos interessant und lebendig gezeichnet. Der Autor bringt das damalige Lebensgefühl – die Romanhandlung umfasst die Zeit von 1939 bis 1942 – sehr einfühlsam näher.

„Die Liebe in diesen Zeiten“ ist eine sehr realistische, tiefgehende Geschichte „ohne Zuckerguss“. Chris Cleave bringt dabei Situationen hervor, die zeigen, wie die Liebe in der Kriegszeit vermutlich war: Weniger romantisch, dafür voller Sehnsucht, Verzweiflung und Unsicherheit – aber es gab immer einen kleinen Hoffnungsschimmer.

Eine tiefgründige Lektüre, packend und gnadenlos.

 

„Es hatte geholfen, dass sie betrunken waren.“

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