Das Labyrinth der Lichter von Carlos Ruiz Zafón

Düstere Tage in Barcelonas Geschichte – in einer sprachlich grandiosen Darstellung

„Das Labyrinth der Lichter“ ist der vierte Band einer Reihe. Es ist jedoch möglich, das Gesamtwerk mit jeder beliebigen Folge zu beginnen. Anfangs verursachen zwar die fehlenden Hintergrundinformationen etwas Verwirrung, doch nach kurzer Zeit überwindet man diese mithilfe der detaillierten Rückblenden.

Der Roman behandelt auf mehreren Zeitebenen die Geschichte weniger Familien beziehungsweise einiger Opfer des spanischen Bürgerkriegs 1936-1939 und der darauf folgenden Franco-Diktatur. Die Ereignisse spielen sich hauptsächlich in Barcelona und teilweise in Madrid ab. Das sind düstere Episoden, während deren die Angst regierte und ungeahnte menschliche Abgründe sich auftaten.

Der Autor, Carlos Ruiz Zafón, vermittelt diese grauenvolle Zeit in einer eigenwilligen, wunderschönen Sprache. Durch seine bildhafte Erzählung wird die bedrückende Atmosphäre spürbar: Teils wird die Brutalität ins Unerträgliche gesteigert. Erleichterung schaffen die Jahre nach Francos Tod, der Grundton wechselt danach in eine bittersüße Stimmung.

Übersetzer Peter Schwaar hatte mit Sicherheit keine leichte Aufgabe, die komplexen Gedanken von Zafón in deutscher Sprache aufzubauen. Immerhin sind in diesem Buch Sätze über 7-8 Zeilen keine Seltenheit.

© S. FISCHER Verlag

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„Das Labyrinth der Lichter“ bietet viele Facetten, unter anderem spannende Agentenabenteuer, kaltblütige Verbrechen, zwielichtige Regierungsgeschäfte und als Gegenpol die allgegenwärtige Liebe und das moralisch hoch angesetzte Streben nach der Wahrheit.

Die Figuren und die Ereignisse wirken authentisch, die Protagonisten erwecken Sympathie. Ihre dramatischen Schicksale stehen symbolisch für viele Leidtragende.

Das Tempo wird dem Geschehen stets angepasst; mal rasend und verzweifelt, mal zögerlich und unsicher, mal gemütlich und lustvoll-genießerisch. Bei Letzteren treten die Vorzüge von Zafóns Heimatstadt in den Vordergrund: Es ist einmalig, mit seinen Helden zusammen zu leiden, mit ihnen durch Barcelonas Straßen zu streifen und dabei der spanischen Lebensart näher zu kommen. Ein weiterer Lichtblick sind schlagfertige Dialoge, scherzhaft versaute Weisheiten und traumhaft magische Darstellungen einer Stadt in dunklen und in lichtvollen Momenten.

Unter diesen Gegensätzen bleibt „Das Labyrinth der Lichter“ ein durchgehend spannendes Buch – bildhaft, bewegend, voller Emotionen. Keine leichte Lektüre zwischendurch, eher ein anspruchsvolles Monumentalwerk, das die permanente Aufmerksamkeit fordert.

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