Kim Wright: Die Canterbury Schwestern

Eine unterhaltsame Wanderung mit geistreichen Erkenntnissen

In Kim Wrights Roman geht es um eine Pilgerreise. An sich kein besonders prickelndes Thema: Wandern, Reden, Beten (oder eben Meditieren). Dennoch passieren in dieser Geschichte einige faszinierende Dinge, die für jeden Leser eine abwechslungsreiche Unterhaltung bieten können.

Die Story ist also einfach: Eine kleine Gruppe von Frauen trifft sich. (Warum nur Frauen? Unklar.) Ihr Weg führt von London nach Canterbury und sie nehmen es sich vor, bei der Wanderung – so wie es bereits die Helden von Chaucer in den Canterbury Tales getan – einander mit Geschichten zu unterhalten. Es soll am Ende der Reise eine Belohnung für die beste Erzählung geben.

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© Ullstein Buchverlage

Kim Wrights Hauptfigur, Che, erzählt ihre Eindrücke aus der Ich-Perspektive. Dies vermittelt eine unmittelbare Nähe zur Gruppe, als wäre man selbst Teil davon. Ihre Empfindungen sind vielfältig: Von der Distanziertheit bis zur blanken Überraschung und vom Zynismus bis zur Selbstironie.

Die mehr oder weniger ehrlichen Selbstdarstellungen der erzählenden Frauen und die täglichen Ereignisse der Wanderung nach Canterbury ergeben schließlich ein authentisches Bild darüber, wie die Reisenden fernab ihrer alltäglichen Stresssituationen zu einer gewissen Ruhe kommen und sich von vielen Lasten – zumindest eine Weile – befreien können.

Die Autorin begleitet wortgewandt durch die Wandlung ihrer Heldin, Che, aus einer verschlossenen, traurigen, in eine befreite, offene Lage und zu einem besseren Verständnis ihres Lebens. So heitert sich auch die anfängliche depressive Grundstimmung auf und sie gibt der Einsicht Platz.

Die spitzen Bemerkungen und die unanfechtbaren Lebensweisheiten stimmen fröhlich und das Buch erlaubt, sich „gemeinsam“ mit Che durch eine problematische Lebensphase durchzukämpfen. Gewisser weise bekommt man sogar eine kleine Lebenshilfe für den Alltag und auf jeden Fall eine amüsante und geistreiche Lektüre, die nicht mal die Auseinandersetzung mit Gott und Religion scheut.

ISBN 978-3548287867

Das ist vermutlich unser tiefstes Bedürfnis – zu sprechen und zuzuhören, selbst wenn wir nicht immer wissen, was die Geschichten bedeuten.

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