Anna Romer: Das Rosenholzzimmer

Generationen übergreifende düstere Geheimnisse

Bereits nach wenigen Seiten zieht „Das Rosenholzzimmer“ den Leser in seinen Bann. In diesem Buch handelt es sich um eine bewegende Familiengeschichte um düstere Familiengeheimnisse über mehrere Generationen, um Rätsel, die auf eine Lösung, um Geister, die auf eine Erlösung und um Mörder, die auf eine Überführung warten.

Die Kulisse dazu bietet hauptsächlich Queensland, Australien. Anna Romer bleibt jedoch nicht nur bei einer sachlichen Umgebungsbeschreibung, ihre Darstellung ist die reinste Liebeserklärung der Natur gegenüber, ihre detailreichen Naturbilder sind atemberaubend. Ebenso beeindruckend ist ihr einfühlsamer Schreibstil und die Kombination aus diesen Aspekten erlaubt es, dieses Buch mit allen Sinnen zu genießen.

Aus der Sicht der Protagonistin Audrey erfährt man eine ergreifende Geschichte. Durch ihre Erlebnisse, Träume und Visionen entfaltet sich eine teils reale, teils übernatürliche Welt der Gegenwart und geht bis in weitere vier Generationen in die Vergangenheit zurück. Teilweise gibt es Einblendungen in Form von Erinnerungen der mittlerweile verstorbenen Urgroßmutter Aylish. Einiges gilt aus alten Tagebucheinträgen und Briefen zu erahnen. Anna Romer verbindet die wirklichen und imaginären Ereignisse meisterhaft und gibt es auf diese Art zu verstehen, wieso Audreys Nachforschungen an einer unerklärlichen Besessenheit grenzen, die oft sogar ihre Wahrnehmung trübt. Sie sieht Schatten, riecht Rosenduft und erlebt Halluzinationen.

Die geschickten Täuschungsmanöver der Autorin lassen die Charaktere mit der Zeit wandeln: Ross, der Lehrer gewinnt trotz negativer Ankündigung an Sympathie, Hobe, der Nachbar erweist sich anstatt schroff und unfreundlich doch als ein liebenswerter, aufmerksamer Mann, Luella, die verwirrte, wilde Einsiedlerin „mutiert“ zur liebevollen und vorsorglichen Oma und selbst Nancy, erwartungsgemäß eine böse Nebenbuhlerin, erscheint wider Erwartungen als eine angenehme Person.

Hinter der Fassade des australischen Farmidylle werden alte Konflikte enthüllt, während sich die Details klug zusammen fügen.

Die geheimnisvolle, teils bedrückende Grundstimmung, die Vorahnungen und Gespenstererscheinungen, sowie die wilde Natur – die Autorin lässt sie gern durch die Augen einer Fotografin sehen – sorgen für zusätzlichen Nervenkitzel. Anna Romer spielt gekonnt mit den Wörtern, mischt die Emotionen auf und hält die Spannung dauerhaft aufrecht: Mal entnimmt man Erleichterung, Vorfreude und Hoffnung (Erbschaft, Umzug, neue Perspektiven), nach einer Welle von Traurigkeit (Tod, Enttäuschung, Einsamkeit), mal ist alles gespenstisch und still (Alpträume, Vorahnungen), danach kommen Zweifel auf. Ganz nebenbei schließt Audreys Tochter eine innige Freundschaft und es entwickelt sich eine solide Liebesgeschichte.

Nicht zuletzt muss eine rührende und bodenständigste Liebeserklärung erwähnt werden, die sich über Generationen wiederholt: „So eine wie sie gibt es nur ein Mal auf der Welt.“

Anna Romer schuf mit einfachen und treffsicheren Formulierungen, mit einer gut bedachten, spannenden Geschichtsführung ein hochwertiges, anspruchsvolles Werk mit hervorragendem Unterhaltungswert.

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