Die Beutelschneiderin von Helga Glaesener

Kluges mittelalterliches Abenteuer mit viel Spannung und schicksalhaften Wendungen

Verbrechen oder Überlebenskampf? Das Leben der weiblichen Hauptperson, Cressi, in „Die Beutelschneiderin“ besteht aus Stehlen und Betrug. Dennoch ist ihr Handeln verständlich, da sie als Waisenkind und Gesetzlose in der erbarmungslosen mittelalterlichen Welt keine andere Möglichkeit hat, sich durchzuschlagen. Ob ihre Taten oder deren Konsequenzen: Für sie geht es dabei immer um Leben oder Tod. Cressi ist ein Straßenkind, ihr droht nach einer Festnahme ein furchtbares Schicksal. Glücklicherweise gibt es noch David, den Gutsherren, der zwar gegen sie als Diebin vor Gericht aussagen soll, dennoch kommt alles anders, als erwartet.

Cressis Abenteuer inmitten der deutschen Reformationsbewegung sind gewiss ungewöhnlich und allein die Tatsache, dass es sich um eine junge Frau in der Hauptrolle handelt, macht diese Geschichte interessant. Schließlich hatten die Frauen damals nicht viel zu melden. Die Beutelschneiderin anscheindend schon.

Die Wandlung der Hauptfigur aus ihrem kindisch-naiven Dasein zu einer anständigen, gebildeten jungen Dame (zu einer „ehrbaren“ Person), die es mit einem edlen Herren aufnehmen kann, ist bemerkenswert. Ebenso gut geformt ist Davids Charakter, der sich von der lähmenden Akzeptanz seines Schicksals befreit und zum selbstbewussten Anführer heranwächst.

Die mittelalterliche Umgebung ist reich an authentischen Details, die Beschreibungen des Stadt- beziehungsweise Landlebens überzeugen mit bildlich-emotionalen Szenen, selbst die Geruchsorgane werden mit einbezogen, während die Schauplätze des Romans dargestellt werden.

Die politischen Hintergründe beherrschen glücklicherweise nicht die Ereignisse. Im Vordergrund steht immer das Menschliche und so bleibt die Geschichte schwungvoll und abenteuerlich. Zwischen Hoffnung und Aussichtslosigkeit, gesellschaftlicher Vorbestimmung und Gesetzlosigkeit, Intrigen und Nächstenliebe bleibt noch genug Raum für kluge, zukunftsweisende Gedankengänge über Gott und die Kirche.

Alles in allem ist „Die Beutelschneiderin“ ein spannender, ereignisreicher historischer Roman mit vielen Überraschungen und emotional mitreißenden Episoden.

Glaesener an @DonnaVivi über lovelybooks.de:
Danke, DonnaVivi, ich hab es gerade gelesen. 🙂

This entry was posted in LESESTOFF and tagged , , . Bookmark the permalink.

Comments are closed.